
Vier Kinder, ein Vater, eine Journalistin und ein Fotograf. Zu siebt machen wir uns in die einzige Hansestadt Hessens auf. Wir wollen das mehrfach ausgezeichnete Wolfgang-Bonhage-Museum in Korbach testen. Ist es sehenswert? Stimmt das Prädikat „kinderfreundlich“? Was gibt es im Umfeld noch zu erleben?
Die erste Herausforderung ist, den Eingang des Museums zu finden, er liegt etwas versteckt in einer Gasse im Schatten der riesigen Kilianskirche. Wir entscheiden uns, das Museum eigenständig mit einer Museumsrallye zu erkunden. An der Kasse sind zwei Ausführungen der Rallye erhältlich, eine für kleinere Kinder, eine für ältere. Gleich beide Versionen nehmen wir uns vor: Die Jungs, 5 und 9 Jahre alt, erhalten Verstärkung von ihrem Vater, die Mädchen, 12 und 14 Jahre, unterstütze ich. Zum Start heißt es also Jungs gegen Mädchen. Später nehmen wir das nicht mehr so genau und helfen gegenseitig beim Finden, Rätseln, Zählen und Buchstabieren.

Die erste Station führt weit in die Vergangenheit, in die Ausstellung zur Korbacher Spalte, einer Felsspalte, in der uralte Knochen und Fossilien gefunden wurden, die heute im Museum zu sehen sind. Die ältesten Stücke sind 250 Millionen Jahre alt! Korbach gab es damals noch nicht, die Stadt wurde erst im Jahr 980 urkundlich erwähnt. Aber ein Diorama mit Modellen alter Landwirbeltiere zeigt, wie es damals in der Region ausgesehen haben könnte.
Und wir begegnen einer Legende, dem Procynosuchus, kurz Procy, der als säugetierähnliches Reptil damals gelebt hat, lange vor den Dinosauriern, und der wegen seiner Größe und Körperform als „Korbacher Dackel“ berühmt geworden ist. Heute ist er das inoffizielle Wappentier der Stadt und auch ein Maskottchen fürs Museum.

Weiter, es sind viele Rätsel zu lösen
Es geht treppauf und treppab, von Raum zu Raum, eine lange Strecke unter einem wunderbaren Glasdach entlang, das nach Umbau und Erweiterung des Museums seit 1997 Gebäude aus dem Mittelalter, der Neuzeit und der Moderne zum Gesamtkomplex des Museums verbindet. Es sorgt für viel Licht und auch wechselnde Ausblicke in die Stadt. Wir schauen auf den Turm der gotischen Kilianskirche und auf den Treppengiebel des ältesten Museumsteils, dem Steinhaus aus dem 14. Jahrhundert, das früher ein Lagerhaus war und in dem heute die Geschichte der Hanse erzählt wird.
„Schau mal, Papa, hier sind sechs Schwerter!“ und „Da ist ja ein ganzes Skelett“ und „Wo ist der Bildschirm für das Quiz?“ und „Lass mich auch mal durchs Fernglas gucken!“ und „Das fühlt sich an wie ...“

Anhand der Rallye geht es durch alle für die Stadt wichtigen Bereiche: Geschichte, Politik, Handwerk, Industrie, Bergbau. Wir begegnen Dinosauriern, barocken Gemälden, Möbeln des Fabrikanten Mauser, Öfen aus Eisen, historischen Waffen, Werk- und Fahrzeugen, Hochgeschwindigkeitsfahrradreifen – und Gold!
Der Abbau von Kupfer, Eisen und Gold, so lernen wir, spielte eine große Rolle in der Gegend. Der Korbacher Eisenberg war fünf Jahrhunderte lang das Ziel von Goldsuchern aus ganz Deutschland. Ein Modell in der Bergbauabteilung, natürlich im Keller des Museums, zeigt einen über 50 Meter tief in den Berg getriebenen Schacht in Miniatur. „Gruselig, so viele Leitern tief in die Erde runter zu klettern …“ Heute steigt niemand mehr zum Goldabbau in den Berg. Zwar gibt es noch große Goldvorräte, aber das Gold ist nur unter unglaublichem Aufwand und hohen Kosten vom Stein zu trennen. Es sitzt ganz fein, wie eine Flechte, auf den Gesteinsschichten. Das sehen wir uns selbst an, mit einer über einer Steinplatte verschiebbaren Lupe.

Wieder im Foyer angekommen, tauschen wir die Lösungswörter aus der Rallye gegen eine Überraschung ein. Dann krempeln wir die Ärmel hoch, um … selbst Gold zu waschen, angeleitet von netten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und dem Museumsleiter höchstpersönlich. Es wird nass und richtig aufregend. Schalen mit Rillen müssen in eine Wanne mit Wasser und Kies getaucht werden, dann wird geschüttelt und gewackelt und geschöpft und gewaschen. Am Ende haben unsere Pinzetten zwar nur Katzengold aus dem Kies gefischt, aber das tragen wir dennoch stolz in kleinen Röhrchen nach Hause.
Bei einem Eis werten wir den Museumsbesuch aus: Für Kinderfreundlichkeit geben wir fünf von fünf Punkten. Für Spannung, Lernfaktor und Spaß auch die volle Punktzahl. Die Rallye finden wir etwas lang, da mussten auch Räume durchquert werden, die für Kinder nicht so interessant sind. Abzüge hierfür. Die Kinder empfehlen das Museum auf jeden Fall anderen Familien und Schulklassen. Auch eine Führung ist vorstellbar, vorausgesetzt die Person erzählt gute Geschichten. 30.000 Ausstellungsstücke und 1.700 m² Ausstellungsfläche sind viel, aber wir haben das kaum gemerkt, denn die Räume sind gut gestaltet und abwechslungsreich. Ein Extrapunkt hierfür. Das Highlight? Die Goldwasch-Aktion! Aber Achtung: Für unseren Test wurde eine Ausnahme gemacht. Goldwaschen ist sonst nur im Rahmen der Führung „Auf den Spuren der Goldsucher“ oder bei Buchung eines Kindergeburtstags im Museum möglich. Meldet euch also an.
Am Schluss vergeben wir noch eine Schulnote für das Museum Korbach: es verdient eine 2+, vielleicht auch eine 1-.

Alles wichtige für deinen Ausflug
Diese Eigenschaften bietet dir diese Route:
Anreise
Zum Beispiel stündlich mit der RB4 von Kassel-Wilhelmshöhe nach Korbach Hauptbahnhof, auch am Wochenende. Fahrtzeit ab Kassel 1 Stunde und 16 Minuten. Weiter durch die Fußgängerzone, am Rathaus vorbei zum Museum. Fußweg: ca. 15 Minuten. Ihr könnt euch am Turm der Kilianskirche orientieren. Aber Vorsicht! Es gibt zwei große Kirchtürme. Achtet in der Fußgängerzone also zusätzlich auf die Schilder „Museum“.
Adresse
Wolfgang-Bonhage-Museum
Korbach Kirchplatz 2
34497 Korbach
Tipps
- Es gibt viele Mitmachstationen im gesamten Museum. Damit Kinder diese Angebote schneller finden, sind sie alle leuchtend gelb gekennzeichnet. Anfassen und Ausprobieren ausdrücklich erlaubt!
- Zum Museum gehört auch eine Außenstelle, der GeoFoyer Kalkturm an der Korbacher Spalte. Der Eintritt dort ist im Museumspreis inbegriffen (mit Code). Fußweg ab Museum: ca. 15 Minuten.
- Das Museum selbst besitzt kein Café, aber direkt ums Eck, im Altstadtcafé Tent, gibt es hausgemachte Kuchen und Torten. In der Fußgängerzone, ein paar Schritte weiter Richtung Bahnhof, liegen auch mehrere Eisdielen und Lokale.
- 2025 feiert das Museum sein 100-jähriges Bestehen. Es gibt Sonderveranstaltungen, darunter ein buntes Sommerfest. Aktuelle Informationen findet ihr ab Anfang 2025 auf der Museums-Website.
- Das Museum Korbach wurde ausgezeichnet mit der Simon-Louis-du-Ry-Plakette des Bund Deutscher Architekten (1998), dem Deutschen Städtebaupreis (Sonderpreis, 1999), dem Museumspreis der Sparkassen- Kulturstiftung Hessen-Thüringen (2002).
- Auch spannend zu besichtigen: die mittelalterliche Stadtmauer von Korbach. Einer der Türme, der Tylenturm, ist begehbar. Gegen 10 Euro Pfand kann der Schlüssel in der Tourist-Info abgeholt werden, um den Turm zu besteigen. Erwachsene bezahlen 1 Euro, Kinder sind frei.